Beschlussvorschlag:
Entsprechend der
Empfehlung des Kreisausschusses stimmt der Kreistag der Einrichtung eines
Schwerpunktjugendamtes zur Unterbringung und Betreuung unbegleiteter
minderjähriger Flüchtlinge zu.
Beschlussvorlage:
Als ein Ergebnis der
„Flüchtlingsgipfels“ am 24.09.2015 ist das Bundesgesetz zur Verbesserung der
Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher
bereits zum 1. November 2015 in Kraft getreten. Intention des Gesetzes ist es,
auf der Grundlage des Königsteiner Schlüssels eine gleichmäßige Verteilung auf
die Bundesländer vorzunehmen und somit die besonders starke Belastung der
Jugendämter, die an bestimmten Einreiseknotenpunkten gelegen sind, abzumildern.
Dies hat zur Folge, dass in Rheinland-Pfalz künftig wesentlich mehr
Minderjährige im Rahmen der Jugendhilfe zu versorgen sind als bisher. Derzeit
leben 56.353 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland. In
Rheinland-Pfalz sind es 1.561. Legt man den Königsteiner Schlüssel zugrunde,
hätte Rheinland-Pfalz 2.680 junge Menschen aufnehmen müssen.
Im Zuge der gesetzlichen Neuregelung wurde außerdem im SGB VIII die
vorläufige Inobhutnahme (§ 42a) neu eingeführt. Die Jugendämter werden
verpflichtet, einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling vorläufig in Obhut
zu nehmen, wenn er bei Ihnen ankommt oder um Asyl bittet. Zu den Aufgaben im
Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme gehören: geeignete Unterbringung,
Gesundheitscheck, rechtliche Vertretung, Feststellung der Minderjährigkeit,
Prüfung der Kindeswohlgefährdung und Meldung an eine zentrale Landesstelle.
Nach der vorläufigen Inobhutnahme (max. 14 Tage) erfolgt dann durch die Bundes-
und Landesstelle eine Verteilung auf ein Jugendamt. Das Zuweisungsjugendamt
muss den jungen Menschen dann nach § 42 SGB VIII in Obhut nehmen. Die Dauer der
Inobhutnahme soll einen Zeitraum von maximal zwei Monaten umfassen.
Die Länder erhalten mit den gesetzlichen Neuregelungen die Befugnis, für
die (vorläufige) Inobhutnahme eine sogenannte Zuständigkeitskonzentration
vorzunehmen, d.h. ausgewählte Jugendämter mit der Wahrnehmung der Aufgaben zu
beauftragen.
Rheinland-Pfalz möchte von der Befugnis Gebrauch machen und bestimmte
Jugendämter, sogenannte Schwerpunktjugendämter, mit der vorläufigen
Inobhutnahme sowie der Inobhutnahme betrauen. Das Modell der
Schwerpunktjugendämter folgt der bisherigen landesweiten Praxis der
Erstaufnahme durch das Stadtjugendamt Trier. Für die Einleitung und
Durchführung von Anschlusshilfen nach §§ 27ff SGB VIII nach Abschluss der
Inobhutnahme gibt es keine Schwerpunktbildung. Hier sind alle 41 Jugendämter in
Rheinland-Pfalz zuständig.
Die Auswahl der Schwerpunktjugendämter wurde daran ausgerichtet, ob es
entweder in der Kommune eine Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende gibt
oder diese geplant ist oder die Kommune an einer bekannten Transitstrecke von
Flüchtlingen liegt. An diesen Orten kommen heute schon die meisten
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge an. Der Landkreis Kusel kommt neben
der Stadt Trier, dem Landkreis Mainz-Bingen, der Stadt Kaiserslautern und der
Stadt Koblenz als Schwerpunktjugendamt in Betracht. Die genaue Aufteilung der
regionalen Zuständigkeitskonzentration befindet sich derzeit noch in der
Abstimmung. Durch das vorzeitige Inkrafttreten der neuen bundesgesetzlichen
Regelungen ist der Prozess der Gewinnung von Schwerpunktjugendämtern noch nicht
abgeschlossen. Aufgrund der anhaltend steigenden Zahl von unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingen sind weitere Schwerpunktjugendämter notwendig.
Deshalb soll bis zum 30.04.2016 eine ausreichende Anzahl von
Schwerpunktjugendämtern gewonnen werden.
Die Kosten der Jugendämter für die Unterbringung und Betreuung der
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden den Jugendämtern vom Land
erstattet (§ 89d SGB VIII). Zur Abdeckung der Personal- und Sachkosten haben
sich die kommunalen Spitzenverbände mit dem Land auf eine Fallkostenpauschale
für sogenannte Tagesfälle i.H.v. 300,- Euro und für die Inobhutnahme i.H.v.
1.046,- Euro verständigt.
Das Kreisjugendamt Kusel ist nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen, die
man im Zuge der Inobhutnahmen in der Außenstelle der Aufnahmeeinrichtung für
Asylbegehrende (AfA) Trier in Kusel seit deren Inbetriebnahme gesammelt hat,
bereit, sich aus fachlicher Überzeugung dieser Aufgabe zu stellen. Gleichzeitig
bietet dieses Modell auch eine Chance für die Region. Vor dem Hintergrund des
zeitlichen Rahmens befindet sich das Jugendamt bereits in Gesprächen mit
anerkannten Trägern (Kreuznacher Diakonie, CJD, SOS Kinderdorf), um
differenzierte und bedarfsgerechte Betreuungsmöglichkeiten für die jungen
Menschen zu schaffen.