Resolution des Landkreises Kusel für eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung

Betreff
Resolution des Landkreises Kusel für eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung
Vorlage
1440/2023
Art
Vorlage KT

Beschlussvorlage:

 

Wie fast alle Krankenhäuser in Deutschland leidet auch die Westpfalz-Klinikum GmbH im Landkreis Kusel, dem Donnersbergkreis und der Stadt Kaiserslautern massiv unter der Kostenexplosion durch die hohe Inflation (z. B. Medizinischer Bedarf, teurere Geräte, Medizinprodukte, Arznei- und Lebensmittel) und die stark gestiegenen Energiepreise. Zudem sind die Corona-Hilfen des Bundes zu früh ausgelaufen, um die coronabedingten Erlösausfälle und erheblichen Hygienemehrkosten auszugleichen. Insgesamt rechnet die Westpfalz-Klinikum GmbH, ein Klinikum in kommunaler Trägerschaft, für das Jahr 2023 mit einem millionenschweren Defizit, was durch die drei Gesellschafter, der Stadt Kaiserslautern, dem Landkreis Kusel und dem Donnersbergkreis, ausgeglichen werden muss.

 

Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser, auch die der kommunalen Krankenhäuser, ist schon lange alarmierend schlecht. Sie trifft die Landkreise als Träger des Sicherstellungsauftrages für die stationäre medizinische Versorgung für 96% der Fläche Deutschlands daher besonders schwer.

 

Laut der Deutschen Krankenhausgesellschafft sind bundesweit aufgrund des fehlenden Inflationsausgleiches bis Ende 2022 bereits 6,7 Mrd. € an Defiziten aufgelaufen und aktuell kommen jeden Monat 740 Mil. € dazu. Bis zum Ende des Jahres 2023 erwartet die DKG ein Defizit von 15,6 Mrd. € und stellt fest „Die Krankenhäuser liegen im Schockraum der Notaufnahme und viele Kliniken werden die politische Therapie des Abwartens nicht überleben“.

 

Um die Verluste auszugleichen reichen die Energiehilfen des Bundes in Höhe von 6 Mrd. € nicht aus. Auch mit den tarifbedingten Personalkostensteigerungen werden die Kliniken alleine gelassen, denn die Löhne werden deutlich stärker steigen, als der Basisfallwert und damit die vorgegebenen Erlössteigerungen der Krankenhäuser. Durch die aktuellen Tarifsteigerungen von rund 10 % schnellen die Personalkosten in die Höhe. Zugleich führt der zunehmende Fachkräftemangel zu Leistungseinschränkungen und damit weiteren Erlösverlusten. Die Kliniken benötigen kurzfristig für das Jahr 2024 dringend einen gesetzlich garantierten Tarifausgleich zu 100 %, dieser ist noch nicht vorgesehen!

 

Ein weiterer Einschnitt verursacht die gesetzliche Kappung der Anrechnung von Minderleistungen beim Landesbasisfallwert im Herbst 2022. Mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) wurden der § 10 Abs. 4 Satz 3 und 6 KHEntgG aufgehoben und damit die Möglichkeit der Berücksichtigung von Leistungsrückgängen bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwertes. Mit dieser Gesetzesänderung wurde jedweder Rechtsanspruch für die Refinanzierung steigender Fallkosten infolge von Leistungsrückgängen genommen. Während Leistungssteigerungen in der Vergangenheit jahrelang faktisch einem doppelten Abschlag unterlagen (absenkender Effekt auf den Landesbasisfallwert bei gleichzeitigem Mehrleistungsabschlag auf Ortsebene), wurde nun auch die letzte Kompensationsmöglichkeit für die Refinanzierung der verbleibenden Fixkosten aus dem Gesetz gestrichen. Somit ist es in dem Finanzierungssystem nicht mehr möglich, auf Leistungsrückgänge mit sachgerechten Korrekturen zu reagieren. Ohne dass das Problem einer Finanzierung der Vorhaltekosten gelöst war, wurde die automatische „Stückkostensteigerung“ bei sinkenden Fallzahlen ignoriert. Kompensationen für die Erlösverluste (bei gleichbleibenden Fixkosten) sind nicht vorgesehen. Diese Regelung hat für die Krankenhäuser faktisch eine Budgetkürzung bedeutet, mit der letztlich auch die Versorgungssicherheit der Bevölkerung in Verbindung mit stark steigenden Kostenbelastungen erheblich gefährdet wird.

 

Weiterhin ist die Pflicht der Krankenkassen, Krankenhausrechnungen innerhalb von fünf Tagen nach Erhalt der Rechnung zu bezahlen, zur Sicherung der notwendigen Liquidität der Krankenhäuser eine unerlässliche Regelung. Diese Regelung war zu Beginn der Coronapandemie im Krankenhausentlastungsgesetz zeitlich befristet eingeführt worden, um die Liquidität der Krankenhäuser zu stärken. Eine Verlängerung der Geltungsdauer der fünftägigen Zahlungsfrist über den 31.12.2023 hinaus ist ein notwendiger Schritt, um die Liquiditätssicherung der Krankenhäuser dauerhaft sicher zu stellen.

 

Es bedarf einer umfänglichen und krisenfesten Reform, damit die Krankenhausversorgung auch in ländlichen Räumen gewährleistet bleibt und bei Bedarf patientenorientiert verbessert werden kann. Die von der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vorgelegten Empfehlungen für eine grundlegende Reform der Krankenhausvergütung sind ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber bei Weitem noch nicht ausreichend. Die geplante Einführung von Vorhaltepauschalen und eine an Leistungsgruppen orientierte Krankenhausplanung wird erfreulicherweise zu Verbesserungen führen. Diese werden aber erst im Jahr 2026 budgetneutral greifen - und damit für viele Kliniken zu spät!

 

Bedauerlicherweise sind keine zusätzlichen Finanzmittel aus Sicht der Bundesregierung vorgesehen, sodass lediglich eine Umverteilung innerhalb der Krankenhäuser stattfinden wird. Es bleibt die Abhängigkeit von Fällen zu Erlösen (zu wenige Fälle = viel zu wenig Erlöse). Ohne Liquiditätssicherung der Krankenhäuser wird es bis zum Wirksamwerden der Reform zu Insolvenzen vieler Krankenhäuser und einem unkontrollierten kalten Strukturwandel kommen!

 

Wie die Corona-Pandemie jedoch gezeigt hat, sind gerade wohnortnahe Krankenhäuser für die Versorgung der Bevölkerung existentiell wichtig. Sie müssen im Sinne der Daseinsvorsorge unterstützt werden!

 

Es ist allerdings nicht akzeptabel, dass die kommunalen Träger, in unserem Fall die drei Gesellschafter, die Stadt Kaiserslautern, der Landkreis Kusel und der Donnersbergkreis, allein für die Insolvenz-Notfallrettung der Westpfalz-Klinikum GmbH einspringen müssen, um einen Zusammenbruch der stationären Krankenversorgung und des Rettungsdienstes zu verhindern. Das Geld fehlt für andere kommunale Aufgaben.

 

 

Der Kreistag des Landkreises Kusel fordert die Bundes- sowie die Landesregierung daher auf, für eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser zu sorgen. Dafür ist es erforderlich, dass

 

1.    der Bund und die Länder sich schnellstmöglich auf eine Reform zur Finanzierung der Krankenhäuser einigen, welche die Krankenhäuser, insbesondere im ländlichen Raum, mit einer adäquaten Finanzierung ausstattet.

 

2.    das Land seiner (gesetzlichen) Verpflichtung, die Investitionskosten für Baumaßnahmen und betriebsnotwendige Ausstattung der Krankenhäuser zu tragen, auskommend gerecht wird. Das Niveau der jährlichen Investitionsförderung muss an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden,

 

3.    vor einer großen, strukturellen Reform zuerst ein Soforthilfeprogramm für die Kliniken und Krankenhäuser insbesondere im ländlichen Raum aufgestellt wird, um diese kurzfristig finanziell zu stabilisieren, in dem man die inflations- und tarifbedingten Kostensteigerungen auffängt und die Finanzierungslücke bei den Betriebskosten umgehend schließt.

 

4.    die Leistungsrückgänge bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwertes berücksichtigt werden können und die Abschaffung des § 10 Abs. 4 Satz 3 und 6 KHEntgG wieder zurückgenommen wird,

 

5.    die fünftägige Zahlungsfrist der Krankenkassen grundsätzlich und ohne zeitliche Begrenzung gesetzlich verankert wird.

 

Der Kreistag des Landkreises Kusel fordert das Rheinland-Pfalz ferner dazu auf, solange eine solche Soforthilfe und eine verlässliche Finanzierung für die Zukunft nicht geregelt sind, für die aktuell vorliegenden Defizite einzutreten, wie das Land Baden-Württemberg dies bereits praktiziert.