Sitzung: 08.03.2023 Kreistag
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 29, Nein: 0, Enthaltung: 0, Befangen: 0
Vorlage: 1391/2023
Beschluss:
Der Kreistag begrüßt die Initiative der kreisfreien Städte Kaiserslautern, Pirmasens und
Zweibrücken sowie der Landkreise Bad Kreuznach, Donnersbergkreis,
Kaiserslautern, Kusel und Südwestpfalz sich gemeinsam mit der ZRW und dem
Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern als weitere Partner zusammenzuschließen und
einen gemeinnützigen Verein „Ärzte-für-die-Westpfalz“ zu gründen.
Der Verein hat als Ziel, durch Förderung junger Menschen – bevorzugt aus
unserer Region - in einer
Kooperation mit der Universität in Pécs (Ungarn) ein Medizinstudium zu
ermöglichen. Voraussetzung einer Förderung soll sein, dass sich die geförderten
Studierenden später im Bereich der Westpfalz für mindestens drei Jahre als Arzt
niederlassen oder in einem Klinikum arbeiten.
Der Landrat wird ermächtigt, mit den beteiligten
Gebietskörperschaften und Kooperationspartnern einen gemeinnützigen Verein zu
gründen und eine entsprechende Satzung zu erarbeiten, die förderlich ist, die
oben aufgeführte Ziele zu erreichen.
Aufgrund
des demografischen Wandels und der damit verbundenen älter werdenden
Gesellschaft, ist mit einem steigenden
Bedarf an Ärzten in den nächsten Jahren zu rechnen.
Auch in der
Westpfalz und in der „Alten Welt“ wird die Ärzteschaft immer älter, was
beigefügte Grafik verdeutlicht:
Im Bereich der Hausärzte sind derzeit circa 50 % über 60 Jahre alt. Es
ist davon auszugehen, dass diese Ärzte in etwa 10 Jahren nicht mehr im Dienst
sein werden.
Die Zahlen machen
deutlich, dass jüngere Ärzte kaum nachkommen. In der Westpfalz sind
beispielsweise von rund 500 Hausärzten nur ca. 30 Ärzte zwischen 30 und 39
Jahre alt.
Neben der
Kassenärztlichen Vereinigung, die den Sicherstellungsauftrag der ärztlichen
Versorgung hat, ist auch die Politik gefordert. Mittlerweile ruft selbst der
Bundesgesundheitsminister Lauterbach die Länder dazu auf, Studienplätze im
Bereich Medizin zu schaffen. So forderte er im Dezember 2022 bundesweit weitere 5.000
Medizin-Studienplätze.
Der rheinland-pfälzische
Gesundheitsminister
Hoch sieht mit der Erhöhung der Zahl der Medizin-Studienplätze um 15
Prozent auf 450 pro Jahr in
Rheinland-Pfalz den Nachholbedarf laut einer SWR-Presseberichterstattung vom
30.12.2022 als erfüllt.
In
Rheinland-Pfalz gibt es derzeit nur eine Fakultät der Humanmedizin. Die
Gutenberg-Universität in Mainz bietet jährlich circa 410 Studienplätze der Humanmedizin an (Stand: 01-2022: Ca. 2.650 Immatrikulationen
insgesamt). Seit dem Wintersemester 2020/21
bietet der Medizincampus Trier der Universitätsmedizin Mainz bis zu 30
Studierenden im Studiengang Humanmedizin die Möglichkeit, das 10. Semester in
Trier zu absolvieren. Zum Sommersemester 2022 wurde das Angebot um das 9.
Semester erweitert (Quelle: unimedizin-mainz.de).
Damit die Region der Westpfalz und der „Alten Welt“ nicht noch tiefer in
eine Notsituation der ärztlichen Versorgung - insbesondere bei den Hausärzten
- abdriftet, haben die Landrätinnen und
Landräte sowie die Oberbürgermeister der Westpfalz und der „Alten Welt“
entschieden, sich nach Studienplätzen in Europa umzuschauen.
Das Westpfalz-Klinikum hat bereits seit 2014 eine bestehende Kooperation
mit der Universität in Pécs (Ungarn) zur Aufnahme von PJ-Studenten, also
Studenten, die sich im letzten Abschnitt des Medizinstudiums (Praktisches Jahr)
befinden und eine praktische Tätigkeit in einer von der Universität anerkannten
Klinik ableisten müssen.
Aus diesem Grund entwickelte sich die Idee, an die bestehende
Kooperation anzuknüpfen und diese zu intensivieren. Ende Januar 2023 reisten als
Delegation der westpfälzischen Gebietschefs die Landräte Guth Leßmeister und
Rubly nach Pécs. Dort wurden unter anderem Gespräche mit Univ. Prof. Dr. Miklós Nyitrai (Dekan), Dr. med László Czopf (Prodekan für Bildung), und Herrn Prof.
Péter Than (Leiter des deutschsprachigen Medizinstudiengangs) geführt. Im
Rahmen des Delegationsbesuchs fand auch ein Erfahrungsaustausch mit deutschen
Studierendenstatt.
Die Universität Pécs ist eine der fünf Spitzenuniversitäten Ungarns mit
10 Fakultäten und ca. 20.000 Studierenden. An der Medizinischen Fakultät gibt es
insgesamt ca. 3.000 Studierende; davon ca. 700 deutschsprachige. Jährlich
werden ca. 170 Studienplätze angeboten. Studienbeginn ist jeweils Anfang
September eines Jahres (Wintersemester). Das Medizinstudium dauert in der Regel
12 Semester und schließt mit dem dr. med. (Medical Doctor – M.D.) ab. Das Studium wird in deutscher
Sprache angeboten.
Zulassungsvoraussetzung ist das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife,
wobei der Notendurchschnitt nicht ausschlaggebend ist (ohne Numerus
Clausus). Ein Aufnahmetest wird nicht durchgeführt. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens ist eine
Onlineregistrierung vom 01.02. - 30.06. eines Jahres möglich. Es werden diejenigen Interessenten bevorzugt,
die naturwissenschaftliche Fächer (Biologie, Chemie oder Physik) als
Leistungskurs absolviert haben, naturwissenschaftliche Fächer an einer Universität
belegt haben, naturwissenschaftliche Fächer im Rahmen von Kursen zur
Vorbereitung auf ein Medizinstudium absolviert
haben, nach dem Gymnasium im Gesundheitswesen tätig waren oder dort ihren
Zivildienst abgeleistet haben.
Für das Studium der Humanmedizin in Pécs fallen Studiengebühren i.H.v.
7.500 € pro Semester an.
Der Studiengang zeichnet sich durch einen hohen Praxisbezug mit
Patientenkontakt (Bedside Teaching) aus. So verfügt die Fakultät beispielsweise
über ein hochmodernes und innovatives MediSkill Lab, (gesundheitliches
Simulationszentrum) Neben dem Arbeiten in Kleingruppen besteht ein sehr guter
Zusammenhalt und ein starkes Netzwerk vor Ort (Deutsche Enklave mit internationaler
Ausrichtung). Für die Studierenden steht zudem ein guter und bezahlbarer
Wohnungsmarkt in Pécs zur Verfügung. Die Inanspruchnahme von Auslands-Bafög ist
ebenfalls möglich.
Insbesondere
das praktische Jahr muss im Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern (WKK) abgeleistet
werden. Mit der Universität gibt es Gespräche, ob nicht auch umliegende
Krankenhäuser der Region möglich sind. Famulaturen sind in der Westpfalz zu erbringen.
Mit der Projektidee
„Studieren in Europa – Ärzte für die Westpfalz“ wollen die Landkreise Kaiserslautern, Kusel, Donnersbergkreis, Südwestpfalz,
Bad Kreuznach, die Städte Kaiserslautern, Pirmasens und Zweibrücken sowie die
Zukunftsregion Westpfalz (ZRW) und das Westpfalz-Klinikum gemeinsam die
ärztliche Versorgung in der Westpfalz und dem Gebiet der „Alten Welt“ stärken.
Ab dem Wintersemester 2023/24 sollen bis zu 16 jungen Menschen ein
deutschsprachiges Medizinstudium an der Universität Pécs in Ungarn ohne Zulassungsbeschränkung
(N.C.) ermöglichen. Um dieses
Auslandsstudium allen interessierten und geeigneten Studentinnen und Studenten
zu er möglichen, und die geförderten Studentinnen und Studenten nach ihrem
Abschluss in der Westpfalz zu halten, soll durch den gemeinnützigen Verein
„Studieren in Europa – Ärzte für die Westpfalz e. V.“ das Zahlen der
Studiengebühren durch die Vergabe von Stipendien erleichtert werden. Die
Auswahl der für die Förderung durch den Verein vorgesehenen Studentinnen und
Studenten erfolgen nach den noch zu erarbeitenden Förderrichtlinien des
Vereins.“
Hier liegen bereits Zusagen einiger Unternehmen und Institutionen
vor, die das Projekt unterstützen möchten. Dazu gehört auch der Verein
„Zukunftsregion Westpfalz (ZRW)“ als wichtiger Partner.
Der Vorsitzende
stellte die Beschlussvorlage kurz vor und stellte den Sachverhalt anschließend
zur Aussprache.
Herr Matthias
Bachmann fragte, wie sich der Verein finanziere.
Der Vorsitzende
antwortete, dass die Finanzierung durch Spenden von Firmen und Privatpersonen
erfolgen soll. Der Landkreis werde einen Mitgliedsbeitrag zahlen, sich aber
nicht über Gebühr an der Finanzierung beteiligen.
Die Vorsitzende der
SPD-Fraktion, Frau Pia Bockhorn, fragte, ob eine zeitliche und örtliche Bindung
an die Region im Anschluss an die Ausbildung zulässig sei?
Der Vorsitzende
antwortete, dass drei Jahre zulässig sein. Längerfristige Bindungen seien von
Gerichten bereits beanstandet worden.
Der erste
Kreisbeigeordnete ergänzte, dass bei Nichteinhalten der Verpflichtung lediglich
finanzielle Regressansprüche entstehen.
Herr Dieter
Schnitzer fragte nach den Kosten für ein Studium.
Der Vorsitzende
antwortete, dass das abhängig sei von der Anzahl der benötigten Semester. Für
ein Studium in der Regelstudienzeit fallen Kosten in Höhe von 90.000 Euro an
(7.500 Euro pro Semester).
Herr Dr. Leo Reiser
ging kurz auf die „IST-Situation“ im Ärztebereich ein, die noch deutlich
schlechter aussehe, als die vorliegenden Zahlen, da die meisten Ärzte nicht so
lange wie angenommen arbeiten werden. Er halte das Vorhaben für eine sehr gute
Idee, dem eigentlich jeder zustimmen müsse.
Der Vorsitzende der
AfD Kreistagsfraktion, Herr Alwin Zimmer, halte das Vorhaben für eine gute
Idee. Solche Initiativen hätte es viel früher geben müssen.
Herr Peter Jakob,
Fraktionsvorsitzender FDP-Fraktion, sagte, dass man nur für den Vorschlag
stimmen könne und auch Herr Herwart Dilly äußerte sich ähnlich.
Anschließend wurde
über den Beschlussvorschlag abgestimmt.
Dafür |
Dagegen |
Enthaltung |
29 |
0 |
0 |