Sitzung: 18.05.2022 Kreistag
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 23, Nein: 2, Enthaltungen: 5, Befangen: 0
Vorlage: 1262/2022/1
Beschluss:
Der Kreisausschuss hat
dem Kreistag in seiner Sitzung am 25.04.2022 empfohlen den Haushaltsplan und
die Haushaltssatzung 2022 mit einem Kreisumlagehebesatz von 43 % zu
beschließen.
In Abänderung der
Empfehlung des Kreisausschusses beschließt der Kreistag den Haushalt 2022 mit
einem Kreisumlagehebesatz von 43,75%.
Haushaltsatzung und
Haushaltsplan sind entsprechend anzupassen.
Nach Aufstellung des
Etatentwurfs für den Ergebnishaushalt 2022 wird ein Jahresfehlbetrag von 13,3
Mio. € ausgewiesen. Dieser liegt um 6,4 Mio. € über dem Jahresfehlbetrages des
Jahres 2021, der sich somit fast verdoppelt hat. Ursächlich für die Mehrbelastungen
gegenüber dem Planjahr 2021 sind vor allen die gestiegenen Nettoaufwendungen
der sozialen Sicherung von 2,8 Mio. €. Die Steigerungen bei den Nettopersonal-
und Versorgungsaufwendungen schlagen mit einem Mehrbedarf von 1,8 Mio. € zu
buche und die Aufwendungen beim ÖPNV / Schülerbeförderung steigen um 1 Mio. €.
Bei Haushaltsvorgesprächen mit Vertretern der ADD wurde verdeutlicht, dass eine
Verdoppelung des Jahresfehlbetrages und ein Überschreiten des Deckels bei den
freiwilligen Leistungen um rd. 615 T€ nicht hinnehmbar seien. Diese Umstände
würden Maßnahmen der Staatsaufsicht erforderlich machen. Außerdem würden
dauerhafte Verbesserungen im Einnahmebereich (Kreisumlage) zur Hälfte auf den
Deckel der freiwilligen Leistungen angerechnet werden. Aus diesem Grund hat die
Verwaltung in der Sitzung des Kreisausschusses vom 25.04.2022 einen Haushalt
mit einer Anhebung des Kreisumlagehebesatzes von 1,5% auf 44,5% eingebracht.
Dieser fand jedoch keine Mehrheit, sodass der Kreisausschuss dem Kreistag einen
Haushalt ohne Anhebung des Kreisumlagehebesatzes empfohlen hat. Gleichzeitig
wurde die Verwaltung beauftragt einen Gesprächstermin mit der ADD sowie dem
Kreisvorstand und den Fraktionsspitzen zu vereinbaren.
Im Rahmen dieses
Gespräches am 05.05.2022 wurden dann nochmal die Argumente mit Vertretern der
ADD ausgetauscht. Diese wiederholten den Grundsatz des Haushaltsausgleichs und
forderten, dass der Deckel von 2,985 Millionen € bei den freiwilligen
Leistungen eingehalten wird. Auch mit einer Einnahmeerhöhung könne das
Überschreiten des Deckels von 615.113 € ausgeglichen werden. Dabei sei
natürlich auch denkbar, die Anhebung des Umlagesatzes. Diese Anhebung könne
nicht per Ersatzvornahme durch die ADD durchgesetzt werden. Die ADD appellierte
an die ehrenamtlichen Mandatsträger mit Verantwortung zum Wohle des Landkreises
zu handeln und mit Ihren Entscheidungen zur Vorlage eines genehmigungsfähigen
Haushalts beizutragen.
Von den ehrenamtlichen
Vertretern des Landkreises wurde vorgetragen, dass die größte Haushaltsverschlechterung
gegenüber dem Vorjahr, der Anstieg der Aufwendungen der sozialen Sicherung mit
2,8 Mio. € ausmacht, allein beim Bereich der Kindertagesstätten sei ein Zuwachs
von rd. 1,5 Mio. € zu verzeichnen. Zusammengefasst ist dieser Zuschussbedarf
auf 43,6 Mio. € angewachsen und belastet den Kreishaushalt mit 37,4 Mio. €, wenn die vom Land zur
Entlastung der Kommunen (Auswirkung des Neuwieder Urteils) gewährten
Schlüsselzuweisungen C (6,2 Mio. € - 14,22% der ungedeckten Aufwendungen) mit
berücksichtigt werden. D.h. dass noch nicht einmal die Kreisumlage von 35,8 Mio. € ausreicht um die
Aufwendungen der Sozialen Sicherung zu decken (Deckungsgrad 96%). Die
Ehrenamtlichen fühlen sich von dieser „Soziallast“ einfach „erdrückt“ und von
Land und Bund allein gelassen und möchten den Bürgern des Landkreises trotzdem
einen Hauch von Lebensqualität ermöglichen. Geschlossen stehen die
Kreistagsmitglieder auch grundsätzlich hinter den freiwilligen Leistungen. Hier
werden insbesondere im kulturellen Bereich Infrastrukturen / Denkmäler
erhalten, welche zum einen gesetzlich vorgeschrieben ist, zum anderen in
anderen Landesteilen im Eigentum und somit in der Unterhaltungspflicht des
Landes stehen. Auch im Haushalt 2022 steht eine denkmalschutzrechtliche
Sanierung einer Mauer auf der Burg-Lichtenberg an, was die freiwilligen
Leistungen mit 79 T€ belastet. Hier müsse der von der ADD gesetzte Deckel der
freiwilligen Leistungen überdacht werden. Genauso wäre eine Anpassung aufgrund
der tariflichen Steigerungen bei den Personalkosten zu bewerten. Die nicht
gedeckten Personalkosten machen einen Anteil von 46% am freiwilligen Defizit
aus. Es sollte auch hier erwähnt sein, dass bereits erhebliche Reduzierungen
der freiwilligen Leistungen in den vergangenen Jahren vorgenommen wurden. Beispielhaft
sei hier die Abschaffung des Projektes „Kunst im Grünen“ an der Wasserburg,
Schließung des Büros im Revilo und die Reduzierung 1 Stelle im Servicebüro
Kultur ab 2022 zu erwähnen.
Natürlich wurden
andererseits wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge zusätzlich übernommen,
welche für die Einwohner wichtige Standortfaktoren darstellen. Das Vitalbad in
Kusel bietet den Einwohnern die Möglichkeit ganzjährig das Schwimmen, als
Freizeit- und Sportgestaltung, auszuüben.
Auch für den Schulsport (Leistungskurs Sport beim
Siebenpfeiffergymnasium) ist das Bereitstellen eines Schwimmbades unerlässlich,
zumal es kreisweit das einzige öffentliche Hallenbad ist. Auch den Zugang zu
digitalen Medien betrachten die Kreistagsmitglieder als große Herausforderung
um für die Einwohner, auch bezogen auf den Arbeitsplatz (Heimarbeit), Zugang zu
einer entsprechenden Infrastruktur zu ermöglichen. Hier seien die Projekte
Smart Cities und auch das graue Flecken Programm zur Herstellung eines
flächendeckenden Breitbandangebotes zu erwähnen, welche natürlich auch die
freiwilligen Leistungen tangieren. Solche „Investitionen“ stellen die Weichen
für ein lohnendes Wohnen und Arbeiten in unserem strukturschwachen Kreis Kusel.
Trotz alledem ist den
Mitgliedern des Kreistages bewusst, dass an der ein oder anderen Stelle im
Haushalt an den „Schrauben zu drehen“ ist. Die Haushaltskommission und eine
Controllerin haben ihre Arbeit aufgenommen und es werden zur Zeit Potentiale im
Bereich Kultur und Fremdenverkehr analysiert. Konkrete Maßnahmen konnten bei
der Planaufstellung 2022 aufgrund der Zeitschiene noch nicht berücksichtigt
werden, werden aber beim Haushaltsvollzug und auch zukünftig erwartet.
Im Bewusstsein, dass
eine Anhebung des Kreisumlagesatzes lediglich die Liquiditätsverschuldung von
der Kreisebene auf die Ebene Orts- und
Verbandsgemeinden entsprechend verlagert, können sich die politischen
Vertreter eine Anhebung um 0,75% vorstellen, und erwarten von der ADD im
Gegenzug Zugeständnisse bei der Höhe des Deckels der freiwilligen Leistungen.
Durch die Anhebung des Kreisumlagehebesatzes von 43% um 0,75% auf 43,75% würde
im Ergebnishaushalt ein Jahresfehlbetrag von 12.710.900 € entstehen. Der Saldo
der ordentlichen Ein- und Auszahlungen über -7.944.909 € betragen. Dies wären
Verbesserungen gegenüber der Beschlussempfehlung des Kreisausschuss von 624.974
€. Darüber hinaus versucht der Landrat bei den freiwilligen Leistungen 300.000
Euro einzusparen. Eine 10%-ige Haushaltssperre bei den freiwilligen Leistungen
ist möglich.
Der Vorsitzende
begann seine Haushaltsrede mit einem Blick auf das Rechnungsergebnis 2020 und
leitete sodann über die Haushaltsansätze des Vorjahres auf den aktuellen
Haushaltsplan über. Im Vergleich zum Vorjahr plane man mit einer weiteren
Erhöhung des Fehlbetrages um 6,4 Mio. Euro auf insgesamt 12,7 Mio. Euro.
Alleine im Teilhaushalt „Soziale Sicherung“ steige der Zuschussbetrag des
Landkreises um weitere 2,8 Mio. Euro auf nunmehr 36,5 Mio. Euro. Im Verhältnis
dazu seien die gesamten Einnahmen aus der Kreisumlage nicht ausreichend um
diese Aufwendungen zu decken.
Anschließend ging
er auf die wesentlichen Verbesserungen und Verschlechterungen der Ansätze im
Vergleich zum Vorjahr ein. Sollte die Umlageerhöhung von 0,75% beschlossen
werden, erwarte er 1,2 Mio. Euro Mehreinnahmen aus der Kreisumlage und darüber
hinaus eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 2,3 Mio. Eur. Neben den
Mehraufwendungen der Sozialen Sicherung seien Personalkostensteigerungen von
1,83 Mio. Euro und Mehraufwendungen im Bereich ÖPNV/Schülerbeförderung (1 Mio.
Euro) zu erwarten. Auch der Wegfall der Schlüsselzuweisungen B und C sowie das
gestiegene Preisniveau im Bereich der Bauunterhaltung belaste den Haushalt
zusätzlich.
Wichtigstes
Kriterium der Aufsichtsbehörde zur Erteilung der Haushaltsgenehmigung sei die
Einhaltung des Deckelbetrages (2,98 Mio. Euro) im Bereich der freiwilligen
Leistungen, da eine Umlageerhöhung aufgrund der vielen unausgeglichenen
Haushalte der Gemeinden nicht gefordert werden könne. Er ging im Folgenden
näher auf einige freiwillige Leistungen des Landkreises ein und verdeutlichte,
dass in diesen Bereichen -wenn überhaupt, dann- nur ein sehr geringes
Einsparpotential bestehe. Der vorliegende Haushaltsentwurf liege im
freiwilligen Bereich mit 3,59 Mio. Euro jedoch mit 615.000 Euro über dem
einzuhaltenden „Deckel“.
Gemeinsam mit den
Beigeordneten, den Fraktionsvorsitzenden und der Aufsichtsbehörde habe man nach
Lösungen gesucht und schließlich bei 0,75 % Umlageerhöhung und kleineren
Einsparungen bei den freiwilligen Leistungen einen möglichen gemeinsamen Nenner
gefunden um die Möglichkeiten des Landkreises in den Bereichen Kultur, Bildung,
Tourismus, Wirtschaftsförderung und Digitalisierung zu erhalten.
Als letztes ging
der Vorsitzende noch auf die geplanten Projekte und die vorgesehenen
Investitionen ein. Neben dem Kreisentwicklungskonzept und dem
Zukunftscheck-Dorf sei auch die Ausweisung von innerörtlichen
Sanierungsgebieten wichtig für die Innenentwicklung des Landkreises.
Investitionen in die Kindertagesstätten, das Verwaltungsgebäude sowie das graue
Flecken-Programm, bei dem der Landkreis die Gemeinden zu 50% unterstützen
möchte, sofern kein eigenwirtschaftlicher Ausbau eines Anbieters erfolgen kann,
nannte er exemplarisch für die Maßnahmen im investiven Bereich.
Schließlich berichtete
der Vorsitzende noch von der anstehenden Grundsteuerreform und den
Veränderungen bei dem kommunalen Finanzausgleich. Dadurch werde die
Finanzierung der Kommunen in den nächsten Jahren maßgeblich gesetzlich
verändert und erneute Debatten über Hebesätze und Umlagen nach sich ziehen.
Gemeinsam habe der
Landkreis in den Jahren 2013 und 2017 über eine Umlageerhöhung debattiert und
schließlich geschlossen -im Sinne des Landkreises- dem Haushaltsplan und der
Haushaltssatzung zugestimmt. Er bat die Fraktionen in diesem Sinne um
Zustimmung zum Haushalt 2022.
Die Vorsitzende der
SPD-Kreistagsfraktion, Frau Pia Bockhorn, leitete mit Blick auf die
Corona-Pandemie und den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine sowie deren
Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Kusel in ihren Vortrag
ein. Dadurch habe sich für viele Menschen ihr Leben nachhaltig verändert und
auf die Ausgaben für Jugend und Soziales entfalle eine noch größere Bedeutung.
Sparen sei in diesem Bereich nur bedingt möglich. Im Namen der SPD-Fraktion
dankte sie den Bürgerinnen und Bürgern für ihre überwältigende
Hilfsbereitschaft in Form von Spenden oder der Bereitstellung von Wohnungen.
Anschließend ging
sie auf die geplante Kreisumlageerhöhung ein. Weil ein neuer KFA (kommunaler Finanzausgleich)
anstehe, die Entschuldung der Kommunen kommen solle und mehr als 50 % der
kreisangehörigen Gemeinden ihren Haushalt nicht ausgleichen können, habe die
Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) keine Möglichkeit eine
Umlageerhöhung durchzusetzen. Mit dem Haushalt an sich sei die SPD-Fraktion
einverstanden, nicht jedoch mit der geplanten Erhöhung der Kreisumlage. Ihre
Fraktion werde der Haushaltssatzung daher mehrheitlich nicht zustimmen.
Der -über den
Gemeinde- und Städtebund- veröffentlichte Entwurf der Landesregierung zum neuen
KFA sehe für den Landkreis Kusel Verbesserungen von 12,5 Mio. Euro vor, weshalb
zum jetzigen Zeitpunkt von einer Umlageerhöhung abgesehen werden solle.
Sie habe den
Eindruck, dass „der Eine oder der Andere“ vergisst, dass der Landkreis für die
Daseinsvorsorge verantwortlich ist und Einsparungen im Bereich Jugend und
Soziales der falsche Ansatz sei.
Auf der Liste der
freiwilligen Leistungen seien Positionen enthalten, die nichts mit
Freiwilligkeit zu tun haben. So sei für die Burg Lichtenberg ein Betrag von
365.369 Euro veranschlagt, nicht jedoch für die Zehntscheune oder das Geoskop.
Weil man Burgen und sonstiges Kapital nicht einfach verfallen lassen könne und
auch die Verkehrssicherungspflicht wahrnehmen müsse, handele es sich ihrer
Meinung nach nicht um freiwillige Leistungen. Ebenso sei es bei den
Personalkosten, die rund die Hälfte der freiwilligen Ausgaben ausmachen. Hier
bestehe eine soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, die zudem dringend in der Verwaltung benötigt werden.
Im Namen der
SPD-Fraktion bedankte sie sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Verwaltung und den Anwesenden für ihre Aufmerksamkeit.
Herr Christoph
Lothschütz, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, verwies zu Beginn seiner
Haushaltsrede auf die seit Jahren unverändert prekäre Haushaltssituation des
Landkreises Kusel. So werde im Vergleich zum Vorjahr mit einer Verdoppelung des
Fehlbetrages gerechnet und auch die vielen Beratungen im Kreise der
Beigeordneten und Fraktionsvorsitzenden, dem Kreisausschuss und zuletzt auch
mit der ADD konnten die Ausgangslage nicht verändern. Die gesamten Erträge aus
der Kreisumlage seien nicht ausreichend um die Aufwendungen für die Soziale
Sicherung zu decken. Alleine das zeige, dass seitens des Landes dringender
Handlungsbedarf hinsichtlich der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs
bestehe.
Im Rahmen der
gemeinsamen Besprechung habe die ADD verdeutlicht, dass diese den gesetzlich
normierten Haushaltsausgleich fordern müsse. Weil das „unmöglich“ sei, „setze
die ADD den Hebel bei den freiwilligen Leistungen an“. Diese seien über
Jahrzehnte entstanden, beruhen z. T. auf gesetzlichen Verpflichtungen und
können somit nicht „wegdiskutiert“ werden. Außerdem sei es nicht gut, diese
Dinge in Frage zu stellen. Die Situation sei nicht zufriedenstellend, da nicht
nur der Landkreis, sondern auch die Gemeinden keinen finanziellen Spielraum
mehr haben.
Anschließend
leitete er zu den geplanten Investitionen des Landkreises über. Im Rahmen des
graue-Flecken Programmes zeige sich der Landkreis mit der geplanten
Kostenbeteiligung gegenüber den Gemeinden solidarisch und habe im Haushaltsplan
eine Verpflichtungsermächtigung eingestellt. Auch das angelaufene Smart-City-Programm
biete interessante Entwicklungsmöglichkeiten.
Schließlich fasste
er zusammen, dass die ländlichen Regionen bereits während der Corona-Pandemie
-ohne Ausgleich seitens des Landes- für die Menschen in den Städten und
Ballungsgebieten eine wertvolle Anlaufstelle gewesen seien. Aktuell seien die
Rohstoffe aufgrund des Ukraine-Krieges knapp und erneut werde der ländliche
Raum -zur Erzeugung erneuerbarer Energien- benötigt. Er fragte erneut nach dem
Ausgleich des Landes hierfür.
Der Landkreis habe
eine Haushaltskommission gebildet und ein Controlling installiert, was
allerdings so kurzfristig noch keine Wirkung zeigen könne. Trotz der
schwierigen Haushaltssituation dürfe man „den Kopf nicht in den Sand stecken“.
Die CDU-Fraktion werde dem -gemeinsam erarbeiteten Haushaltsentwurf- mit der
Kreisumlageerhöhung um 0,75 % zustimmen.
Der Vorsitzende der
FWG-Kreistagsfraktion, Herr Herwart Dilly, sagte, dass der vorliegende Haushalt
die finanziellen Möglichkeiten des Landkreises mit einem geplanten Jahresfehlbetrag
von 13,3 Mio. Euro erneut weit überschreite. Die Verdoppelung des Fehlbetrages
sei im Wesentlichen auf die Mehraufwendungen in den Bereichen Soziale
Sicherung, Schülerbeförderung und Personalkosten zurückzuführen. Das seien
Großteils Pflichtaufgaben, die der Landkreis wahrnehmen müsse ohne Einfluss auf
eine Gegenfinanzierung zu haben.
Die seitens der ADD
geforderte Erhöhung der Kreisumlage um 1,5 % zur Verbesserung der Einnahmen sei
zwar verständlich, verschiebe die Fehlbeträge jedoch nur zu den Ortsgemeinden.
Der Kompromissvorschlag mit einer Kreisumlageerhöhung von 0,75 % sei daher eine
bittere -aber notwendige- Entscheidung um die Handlungsfähigkeit des
Landkreises zu erhalten.
Die Umlageerhöhung
entbinde den Landkreis jedoch nicht von der Verpflichtung des Landkreises seine
Ausgaben zu senken. Er verwies in diesem Zusammenhang insbesondere auf die
Personalkostensteigerung durch die Schaffung von 26 neuen Stellen. Es müsse ein
Weg gefunden werden, eine schlanke, effiziente Verwaltung zu erhalten. Er rate
dazu den Personalbedarf entsprechend der Gutachten des Rechnungshofes durch
externe Dienstleister zu überprüfen.
Des Weiteren regte
er an, mögliche Einsparmöglichkeiten durch die Digitalisierung zu nutzen und
sich mit anderen Landkreisen, deren Haushalte ausgeglichen seien, auszutauschen
um die Zielvorgaben zu erreichen.
Abschließend
forderte er, aktiv für eine finanzierbare Verwaltung Sorge zu tragen, da es
nicht sein könne, dass man jedes Jahr die schlechte Finanzlage beklagen müsse.
„Ein weiter so dürfe es aufgrund der pro-Kopf-Verschuldung nicht geben.“
Für Herrn Peter
Jakob, Vorsitzender der FDP-Fraktion, ist der Haushalt 2022 die „Fortsetzung
eines jährlichen Trauerspieles“. Erneut sei es bei weitem nicht möglich die
Ausgaben durch entsprechende Einnahmen zu decken. In verschiedenen Gremien habe
man sich „Kopfzerbrechen“ bereitet und überlegt, wie man die Situation ändern
könne. In einer Besprechung mit Herrn Pause habe man erfahren, dass man
entweder auf freiwillige Leistungen verzichten oder die Kreisumlage erhöhen
müsse. Dem Haushaltsplan und dem vorgeschlagenen Kompromiss mit 0,75 %
Umlageerhöhung stimme er zu, wenngleich zu bedenken sei, dass bei den Gemeinden
dann nur noch 12,5 % ihrer Einnahmen verbleiben. Eine Erhöhung der Realsteuerhebesätze,
insbesondere des Grundsteuerhebesatzes sei die Folge. Das wiederum belaste die
Bürger des Landkreises, die ohnehin nur über ein geringeres
Durchschnittseinkommen als in anderen Landkreisen verfügen, zusätzlich. Aber
die Bürger seien auch stolz auf die vorhandenen Kulturgüter, weshalb man diese
erhalten müsse. Er sehe Verbesserungsmöglichkeiten nur durch strukturelle
Änderungen und hoffe auf den neuen KFA.
Herr Alwin Zimmer,
Vorsitzender der AfD Kreistagsfraktion berichtete von Fehlern der letzten
Jahrzehnte, die dem Landkreis heute „auf die Füße fallen“. Mit der Bildung
einer Haushaltskommission und der Einführung eines Controllings sei man auf dem
richtigen Weg. Am Beispiel einer „Oma“, die 500 Liter Heizöl nicht direkt
bezahlen konnte, wies er auf die Belastung der Bürger hin. Trotz dem geplanten
Schuldenerlass sehe er den „Tsunami“ erst auf den Landkreis zukommen,
insbesondere im Personalbereich. Seine Fraktion stimme dem Haushalt mit der
geplanten Umlageerhöhung um 0,75 % zu, da sich der Landrat große Mühe gebe,
alle Fraktionen „mitzunehmen“ und die Entscheidungen -im Gegensatz zu früher-
nun im Kollektiv getroffen werden.
Für die
Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte Frau Christine Fauß, dass Herr
Andreas Hartenfels, der für ausschweifende, umfangreiche und kritische Reden
bekannt sei, normalerweise zu diesem Tagesordnungspunkt vortragen würde. Da er
jedoch nicht anwesend sei, wisse sie nicht, ob sie das bedauern solle. Im
Prinzip habe man durch die Vorrednerinnen und Vorredner alles gehört und könne
lediglich zwischen Pest und Cholera auswählen. Ihr Fraktionskollege Andreas
Lange und Sie werden dem Haushalt zustimmen, da man den Landkreis „nicht den
Bach runter gehen lassen möchte“.
Im Anschluss an die
Haushaltsreden der Fraktionen meldete sich Herr Dr. Leo Reiser (CDU) zu Wort
und ging auf die Verhältnismäßigkeit der Alternativen 0,75 %
Kreisumlageerhöhung zu 600.000 Euro Einsparungen im Bereich der freiwilligen
Leistungen ein. Andere Vorschläge seien schließlich nicht gemacht worden.
Sicherlich sei eine Umlageerhöhung sehr schmerzlich für die Gemeinden, aber es
handle sich um ein Hundertstel. Weil der Landkreis sich in vielen Bereichen in
den Gemeinden engagiere, halte er 0,75 % Umlageerhöhung für vertretbar, zumal
als Alternative lediglich Einsparungen in Höhe von 600.000 Euro im freiwilligen
Leistungsbereich möglich seien. Man müsse beachten, dass 50 % der freiwilligen
Leistungen für Personal ausgegeben werden. Eine Kürzung habe automatisch auch
Auswirkungen auf die Arbeitsplätze. Die Abwägung der Alternativen sei also auch
eine Frage des „sozialen Gewissens“.
Der Vorsitzende
sprach im Anschluss nochmals kurz über die geplanten Änderungen im KFA. Der
Landkreis erwarte künftig ca. 2,5 Mio. Euro weniger Erträge aus der
Kreisumlage, da die Verbandsgemeinden nicht mehr veranlagt werden sollen und
diese Erträge in den Folgejahren nochmals fehlen. Er ging auch auf seine Zeit
als Oppositionsführer im Kreistag ein, in der die CDU-Fraktion zwei
Umlageerhöhungen zugestimmt habe, obwohl einige Projekte in den damaligen
Haushalten kritisch gesehen wurden. Mit dem Kompromissvorschlag habe man sich
den Forderungen der ADD angenähert. Klar kommuniziert sei nämlich, dass der
Haushalt bei Abweichungen unverzüglich und ungenehmigt zurückgesendet werde.
Weil das die Handlungsfähigkeit stark einschränke sprach er insbesondere die
SPD-Fraktion an, dass diese die Alternativen nochmals abwägen solle.
Herr Alwin Zimmer
fragte, wo die ADD in den letzten Jahrzehnten im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht
bei der Haushaltsgenehmigung hingeschaut habe, bekräftigte aber, dass es keine
Alternative für den Kreistag gebe, außer den Haushalt zu beschließen.
Herr Dr. Reinhard
Reiser (CDU) kritisierte, dass die SPD-Fraktion dem Haushalt nicht zustimmen
möchte, aber keine eigenen Vorschläge eingebracht habe, zumal die Finanz- und
Rechtslage bekannt sei. Er warf der Fraktionsvorsitzenden vor, „den Kopf in den
Sand zu stecken“ wie „kleine Kinder im Kindergarten“ und sprach die Mitglieder
der SPD-Fraktion an, dass diese dem Vorschlag ihrer Fraktionsvorsitzenden nicht
folgen sollen.
Herr Matthias
Bachmann (SPD) ging daraufhin auf die früheren Beschlüsse zum Haushalt bzw. den
Umlageerhöhungen ein. Es habe auch damals nicht immer einstimmige Beschlüsse
gegeben und auch damals seien Kreistagsmitglieder anderer Meinung gewesen.
Heute müsse aufgrund der vorliegenden Fakten entschieden werden. Er sehe
aktuell eine ganz besondere Situation, da der KFA neu geregelt werden solle und
eine Altschuldenlösung angedacht sei. Er ging kurz auf die geplanten Änderungen
im neuen KFA ein und bekräftigte, dass er nicht in allen Punkten die Meinung
der ADD teile. Vielleicht müsse am Ende ein Gericht entscheiden, ob
beispielsweise die Aufwendungen für die Burgen oder das Schwimmbad in dem
geplanten Umfang als freiwillig anzunehmen seien. Bezüglich des Votums fügte er
an, dass die CDU-Fraktion in der Vergangenheit auch schon gegen den Haushalt
gestimmt habe und ergänzte, dass es Argumente für alle drei
Abstimmungsvarianten gebe, der Haushalt insgesamt jedoch bereits mit einer
einfachen Mehrheit angenommen sei.
Der Vorsitzende
antwortete, dass er sich schon vorstellen könne, die Burg aus Gründen des
Denkmalschutzes aus den freiwilligen Leistungen rechnen zu dürfen. Das
allerdings verringere den Deckelbetrag dann auch entsprechend. Bessere
Möglichkeiten sehe er hingegen beim Schwimmbad, da die Schulschwimmbäder als
Pflichtaufgabe anerkannt werden. Sofern die SPD „mitmache“, sei er bereit mit
der ADD bzw. der Landesregierung zu streiten. Allerdings gebe es Rechtsprechung
aus anderen Bundesländern, die die Auffassung der ADD bestätigen.
Da keine weiteren
Wortmeldungen mehr vorlagen, leitete der Vorsitzende zur Beschlussfassung über.
Dafür |
Dagegen |
Enthaltung |
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5 |